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04.10.2023

Rheuma: Wenn das Immunsystem verrückt spielt

Nur wenige Krankheiten gehen mit derart unterschiedlichen Symptomen einher wie die des rheumatischen Formenkreises. Rechtzeitig erkannt sind die Behandlungsmöglichkeiten jedoch günstig, wie der Buchloer Chefarzt Dr. Artur Schleich und die leitende Oberärztin Dr. Jutta Bohn zum Welt-Rheuma-Tag am 12. Oktober 2023 erklären.

Rheumatologie-Chefarzt Dr. Artur Schleich mit der leitenden Oberärztin Dr. Jutta Bohn (rechts) sowie der Assistentin Sonja Martin. | © Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren
Rheumatologie-Chefarzt Dr. Artur Schleich mit der leitenden Oberärztin Dr. Jutta Bohn (rechts) sowie der Assistentin Sonja Martin.

Rheuma lässt sich laut Schleich zwar noch immer nicht heilen, doch die Symptome können wirksam unterdrückt werden. „Es gibt sehr gute Medikamente gegen Rheuma – und es werden immer mehr", betont der auf diesem Gebiet renommierte Buchloer Chefarzt. Für Patientinnen und Patienten werde es somit wieder möglich, ein normales Leben zu führen und ihre Freizeit zu genießen, so Schleich weiter.

Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung von Rheuma ist laut Schleich, dass früh und konsequent gegen die Krankheit vorgegangen wird. Gerade deshalb sei es wichtig, Rheuma in seinen vielfältigen Ausprägungen und mit seinen oft unspezifischen Symptomen früh zu erkennen, betont der Chefarzt. „‘Hit hard und early‘ ist eine in der Rheumatologie etablierte Faustformel", erklärt Schleich.

Zum diesjährigen Welt-Rheuma-Tag nimmt Dr. Schleich daher mögliche Warnzeichen in den Fokus. Ein Zeichen ist laut Schleich, wenn Schmerzen plötzlich und unerklärbar auftreten und anhalten. „Vorgestern war noch alles normal, und seit gestern sind andauernde Schmerzen da“, wird ein Symptom von Schleich beschrieben, der als einer der wenigen Spezialisten im Umkreis Rheuma stationär behandelt. „Noch eindeutiger wird es, wenn gürtelförmige Schulter- oder Beckenschmerzen vor allem nachts oder frühmorgens auftreten“, weist der Spezialist auf die Rheumavariante Polymyalgia rheumatica hin. „Sie können sich auch wie ein Muskelkater nach Überlastung anfühlen, kommen jedoch aus dem Nichts."

Über weitere Varianten klärt Schleichs Kollegin Dr. Jutta Bohn auf. Rund die Hälfte aller Rheumaerkrankungen macht laut Bohn die rheumatoide Arthritis aus, die vor allem die Gelenke betrifft und sich etwa durch Schmerzen, Gelenkschwellungen und Morgensteifigkeit äußert. „Schwellungen an Fingern und Handgelenken hindern Betroffene daran, die Hand zur Faust zu ballen oder kräftig zuzugreifen“, erklärt die Oberärztin.

Auch Blutgefäßentzündungen wie die Aortenbogen-Vaskulitis und die Arteriitis temporalis sind weitere Variationen von Rheuma. „Hier sind vor allem ältere Menschen betroffen“, so die Rheumatologin, die in diesem Zusammenhang zunächst wenig alarmierende Symptome wie Abgeschlagenheit, unklares Fieber oder hohe Entzündungswerte im Blut nennt. „Vorsicht ist bei plötzlichen Kopfschmerzen ohne erkennbaren Auslöser angesagt“, berichtet Bohn, „dann betrifft die Krankheit möglicherweise die Blutgefäße im Kopf."

Auch Schmerzen der Kopfhaut bzw. der Kaumuskulatur oder Sehstörungen können laut Bohn auf eine Arteriitis temporalis hinweisen, die auch Riesenzellarteriitis genannt wird. Sie empfiehlt, bei diesen Anzeichen schnell den Hausarzt aufzusuchen, der die Situation in der Regel beurteilen kann und im Zweifel sofort Kontakt zu Fachärzten herstellt. „Sind die Augen betroffen, besteht die Gefahr der Erblindung", stellt Bohn klar. „Schnelles Handeln ist also unerlässlich.“ Neben dem Hausarzt stehe die Notaufnahme des Krankenhauses St. Josef rund um die Uhr zur Verfügung, so die Ärztin. Auch ein vorheriger telefonischer Kontakt sei möglich.

Infokasten Rheuma

Rheuma ist ein Oberbegriff für mehrere sogenannte Autoimmunerkrankungen. Dabei treten Entzündungen an verschiedenen Körperstellen wie Gelenken, Bindegewebe, Blutgefäßen oder Organen auf. Bei einer Autoimmunerkrankung nimmt das Immunsystem körpereigene Strukturen als Eindringling wahr und versucht diese durch eine Entzündung zu bekämpfen. Die genauen Ursachen dafür sind noch immer unklar. Jedoch gibt es eine genetische Neigung zu Rheuma. Insgesamt leiden etwa 3,5 bis vier Prozent der Deutschen unter einer rheumatischen Erkrankung.