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16.11.2021

Wundbehandlung „Made in Kaufbeuren“

Chronisches Leiden: Spezialistinnen des Wundzentrums Ostallgäu-Kaufbeuren bilden Pfleger und Ärztinnen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum weiter

Die Kaufbeurer Chefärztin Dr. Michaela Knestele (2. von links vorne) und der diesjährige Kurz zum Ärztlichen Wundexperten in Marktoberdorf (26 Teilnehmer, alle geimpft)

Berlin, Hamburg, Duisburg, Kaufbeuren – beim Blick auf die Kursorte der Weiterbildung für Ärztinnen und Ärzte zu Wundexperten sticht die Allgäuer Stadt als Exot heraus. Doch das Wundzentrum der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren hat sich einen Ruf im gesamten deutschsprachigen Raum erarbeitet. Denn die Kaufbeurer Chefärztin Dr. Michaela Knestele ist eine gefragte Referentin auf Kongressen und führt seit Jahren für die Fachgesellschaft Initiative Chronische Wunden (ICW) Kurse zum Erwerb der Qualifikation als ärztlicher Wundexperte durch. Zudem gehörte sie zu einer zehnköpfigen Expertenrunde aus dem ganzen Bundesgebiet, die den Lehrinhalt für dieses Curriculum für Ärzte festgelegt hat.

Denn zu Beginn ihrer ärztlichen Laufbahn war das Verständnis von chronischen Wunden noch wenig ausgeprägt. "Seitdem hat sich viel geändert. Aber es wird nur besser, wenn man das Wissen zu denen bringt, die es in der Praxis anwenden", begründet sie ihr Engagement. Zusätzlich kommen ihre didaktischen Fähigkeiten und die Freude an der Wissensvermittlung hinzu. "Ich habe da wohl ein Gen in mir, denn ich komme aus einer Lehrerfamilie", fügt die Chefärztin schmunzelnd hinzu. Das nutzt natürlich in erster Linie den Patienten: "Sie profitieren davon, wenn ihre Wunden hier im Wundzentrum besser werden und sie ambulant passend weiter versorgt werden", sagt Knestele.

Bei chronischen Wunden handelt es sich um Hautdefekte die trotz Behandlung nicht zeitnah abheilen – Richtwert sind dabei sechs Wochen. Ursache dafür sind Erkrankungen, die den Heilprozess hemmen. Dazu gehören unter anderem Arterienverkalkung (Arteriosklerose), Krampfaderleiden (Varikose), Diabetes mit  Durchblutungs- und/oder Nervenstörungen, Lymphödeme sowie Tumore. Das führt nicht nur zu körperlichen Beeinträchtigungen und Schmerzen, sondern schränkt auch die Selbstständigkeit und das sozialen Leben ein. Dabei handelt es sich keinesfalls um ein seltenes Leiden: Rund vier Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen, durch die häufigeren Komorbiditäten sind die Patienten meist älter, auch wenn es Ausnahmen gibt. Die Zahl wird mit dem demografischen Wandel also weiter steigen.

Da verwundert es, dass eigene Abteilungen für chronische Wunden wie in Kaufbeuren mit 600 bis 800 Patienten im Jahr nach wie vor eine Seltenheit sind. Doch genau das macht Knestele in der Fachwelt bekannt. Sie stößt immer wieder Neuerungen an und wurde auch dazu eingeladen, als es galt, die Weiterbildung jeweils für Ärztinnen und Pfleger anzupassen. Dabei gleichen sich viele Lerninhalte zwar, doch sie und ihre Kollegen veränderten die Kurse so, dass jede Berufsgruppe für ihren Alltag maximalen Nutzen daraus ziehen kann. Beispielsweise liegt bei den Ärztinnen und Ärzten ein Schwerpunkt auf der Krankheitslehre, der Differentialdiagnose, dem Wundmanagement oder auch dem operativen Vorgehen. Bei den Weiterbildungen im Ostallgäu (sie fanden heuer Anfang November unter 2G-Regelung in Marktoberdorf statt) unterstützen Knestele zudem die pflegerische Leiterin der Wundambulanz Sabine Engstle sowie die beiden Oberärztinnen Carina Heckel und Dr. Annette Zeller vom Wundzentrum.

Damit die Qualität der Versorgung in ganz Deutschland einheitlich ist, tragen die Kurse nicht nur ein Zertifikat des TÜV Rheinland. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen auch Prüfungen ablegen. Zusätzlich stellen sie den Fall eines Patienten, der sich damit einverstanden erklärt hat, vor Kollegen vor und müssen deren Fragen, oder die von Referentinnen wie Knestele beantworten. Besonders freut sich die Allgäuer Ärztin darüber, dass vermehrt junge Kolleginnen und Kollegen ihre Kurse besuchen. Sie kommen dabei aus Fachbereichen wie Dermatologie, den verschiedenen Spezialisierungen der Chirurgie, oder aus der Diabetologie, um nur einige wenige zu nennen. Ebenso bilden sich vermehrt Allgemeinmediziner weiter. Knestele nennt zudem das Beispiel eines Leiters eines Pflegedienstes, der eine medizinische Ausbildung hat: "Er wollte besser nachvollziehen können, was seine Mitarbeiter lernen und hat deswegen selbst den Kurs besucht." Die Kaufbeurer Ärztin freut sich über so viel Eigeninitiative aus verschiedenen Richtungen, die als Musterbeispiel für interdisziplinäre Zusammenarbeit dient.