Im modernen Herzkatheterlabor bieten (v.l.) Chefarzt PD Dr. Marcus Koller, Christian Jax und Dr. Roman Biegler alle Möglichkeiten der Koronardiagnostik und –therapie an.
Anlässlich der Herzwochen (1. bis 30.November) geben in diesem Monat alle drei Standorte der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren Einblicke in je ein Thema rund um die Kardiologie. Die Aktionswochen der Deutschen Herzstiftung haben sich heuer dem Schwerpunkt "Ursache, Diagnose und Therapie des Bluthochdrucks" verschrieben. Eine Folge von unbehandeltem Bluthochdruck kann die weitverbreitete Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern sein. Das komplett erneuerte Herzkatheter- und Elektrophysiologie-Labor in Kaufbeuren hat sich unter anderem darauf spezialisiert, diese zu behandeln. Es zählt zu den modernsten in Süddeutschland und ist Teil des Herzzentrums Ostallgäu-Kaufbeuren. Dessen Leiter, Chefarzt Privatdozent Dr. Marcus Koller, beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema.
"Bluthochdruck ist eine absolute Volkskrankheit, unter der rund 25 Millionen Bundesbürger leiden", sagt der Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Rund ein Fünftel davon sei schätzungsweise nicht diagnostiziert, bildet also die Dunkelziffer. Denn Bluthochdruck führt jahrelang nicht zu Symptomen. "Die Patientinnen und Patienten fühlen sich wohl und leistungsfähig." Doch bleibt hoher Blutdruck über lange Zeit unbehandelt, kann es Folgen für Herz und Hirn haben und bis zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Ebenso können Nieren- und Augenerkrankungen auftreten, weil die Gefäße über Jahre in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Herzmuskel ist besonders gefährdet, da er mit jedem Schlag gegen den hohen Druck anarbeiten muss. Dies kann langfristig zu einer Überlastung des Herzens führen. Mediziner sprechen dabei von einem Hochdruckherzen, das sie per Elektrokardiogramm (EKG) und insbesondere mittels Herz-Ultraschall diagnostizieren.
Als Folge eines Hochdruckherzens können Störungen im Rhythmus des Herzschlags auftreten: An sich harmlose Unregelmäßigkeiten, also einzelne "Stolperer", heißen Extrasystolen. Koller vergleicht sie mit Fehlzündungen einer Zündkerze. Gefährlich dagegen ist das Vorhofflimmern mit einem schnellen und unregelmäßigen Puls von 100 bis 160 Herzschlägen pro Minute – auch in Ruhe. Die Herzleistung sinkt bei Vorhofflimmern um rund 20 Prozent ab, was häufig zu entsprechenden Symptomen führt. Betroffenen geht schneller die Puste aus, beispielsweise beim Treppensteigen. Auch kann Angina pectoris, ein Engegefühl im Brustkorb, darauf hinweisen. "80 Prozent der Menschen mit Vorhofflimmern haben Bluthochdruck", unterstreicht Koller noch einmal den Zusammenhang zum wichtigen Thema der Herzwochen. Das Vorhofflimmern ist auch eine häufige Ursache für Schlaganfälle: nahezu jeder vierte Schlaganfall wird durch Vorhofflimmern verursacht. Beim Vorhofflimmern bilden sich Blutgerinnsel in der Vorkammer des Herzens, werden abgeschwemmt und gelangen mit dem Blutstrom ins Gehirn und können dort Gefäße verstopfen. Davor schützen können blutverdünnende Medikamente. Diese können zwar wie jede Arznei Nebenwirkungen haben, etwa die Neigung, leichter zu bluten und Hämatome zu entwickeln. "Doch die Vorteile, also der effektive Schutz vor Schlaganfällen, überwiegen bei weitem", betont Koller.
Vom Vorhofflimmern betroffen sind vor allem ältere Patientinnen und Patienten. Ab einem Alter von 70 Jahren steigt ihre Zahl beinahe exponentiell. Es gibt jedoch auch viele jüngere Patienten, die unter Vorhofflimmern leiden. Gerade bei ihnen kommt eine kathetergestützte Behandlung des Vorhofflimmerns (Verödung) zum Einsatz, da sie sonst jahrzehntelang Medikamente nehmen und mit deren möglichen Nebenwirkungen leben müssten. Denn vor allem bei Jüngeren können elektrische Fehlzündungen (Extrasystolen) aus den sogenannten Lungenvenen das Vorhofflimmern auslösen. Ziel einer Verödungsbehandlung ist es daher, die Lungenvenen elektrisch zu isolieren, damit die Fehlzündungen nicht mehr aus den Lungenvenen in die Vorkammer des Herzens eindringen und dort das Vorhofflimmern auslösen können.
Dieser Eingriff findet im eingangs erwähnten Herzkatheter- und Elektrophysiologie-Labor am Klinikum Kaufbeuren statt, das vor einem Jahr für knapp eine Million Euro rundum erneuert wurde. Bei dem Kathetereingriff über die Leiste haben Kardiologen die Möglichkeit, die Lungenvenen durch Kälte- oder Hitze-Verödung elektrisch zu isolieren. Der Eingriff erfolgt in örtlicher Betäubung mit einer leichten Narkose, also in einer Art Dämmerschlaf. Patienten bleiben für den Eingriff in der Regel drei Tage im Krankenhaus. Welche Therapie des Vorhofflimmerns – medikamentös oder mittels Verödung – zu wem in welcher Lebenssituation am besten passt, entscheiden die Patienten gemeinsam mit den behandelnden Ärzten. Im Herzzentrum Ostallgäu-Kaufbeuren stehen dafür auf jeden Fall erfahrene Experten und modernste Technik zur Behandlung des Vorhofflimmerns bereit.
Auf unserer Website finden Sie nähere Informationen zum Herzzentrum Ostallgäu-Kaufbeuren.