Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren für enorme Fortschritte bei der Behandlung von Diabetes gesorgt. "Die Messgeräte für Zuhause werden immer kleiner“, betont Dr. Thomas Kehle, „und es gibt Modelle, die etwa den Blutzuckerspiegel kontinuierlich auf dem Smartphone anzeigen." Sie seien so groß wie ein Zwei-Euro-Stück und Patienten könnten sie bis zu 14 Tage am Oberarm tragen, so der der Kaufbeurer Oberarzt für Diabetologie.
Gleiches gelte im Übrigen für durchgehend arbeitende Insulinpumpen. Die neueste Entwicklung laut Kehle ist nun, die beiden Geräte mit Hilfe künstlicher Intelligenz zum sogenannten Closed-Loop zusammenzubringen – also einem geschlossenen Kreislauf, bei dem Messgerät und Insulinpumpe miteinander verbunden sind. „Gerade nachts, wenn der Körper ruht, funktioniert das schon sehr gut“, hebt Kehle die positiven Erfahrungen in Kaufbeuren und im Ostallgäu hervor. Tagsüber, wenn die Menschen sich bewegen und essen, sei allerdings noch etwas mehr Initiative der Patienten gefragt. „Dann macht die KI Vorschläge zur Insulindosis auf dem Smartphone“, so Kehle, „die Entscheidung liegt jedoch bei den Patientinnen und Patienten.“
Prof. Markus Rauchenzauner verdeutlicht die aktuellen Herausforderungen bei der Behandlung von Diabetes. „Es gibt trotz all der bahnbrechenden Entwicklungen der vergangenen Jahre für die Patienten immer noch keinen Urlaub von der Krankheit", hebt der Leiter der Kinderklinik Kaufbeuren hervor. Erkrankte dürften demnach ihre eigene Therapie nie vernachlässigen. Gerade zwischen dem 16. und 24. Lebensjahr ist dies laut Rauchenzauner für Diabetikerinnen und Diabetiker sowie deren Familien schwierig. „Der Übergang vom Kindes- ins Erwachsenenalter ist ohnehin oft mit Konflikten innerhalb der Familie behaftet“, so der Chefarzt der Kaufbeurer Pädiatrie, dem ist klar, dass die medizin-theoretisch beste Behandlung und der Lebensalltag der Menschen zweierlei sind. Rauchenzauner spricht sich daher für einen gewissenhaften und dennoch moderaten Aufwand aus: "Es gibt Familien, in denen sich alles nur noch um den Zucker dreht."
Doch auch hier gebe es inzwischen professionelle Hilfe – nicht nur von ärztlicher Seite, sondern ebenso in der Pflege, Diabetesberatung, Ernährungsberatung und von allen anderen involvierten Fachkräften. „Aufgabe dieser Teams ist es“, betont Rauchenzauner, „nicht nur Betroffene zu betreuen, sondern ganze Familien.“